Vertrauen, epistemische Rechtfertigung und das Zeugnis wissenschaftlicher Experten
Abstract
Kann Vertrauen in einen Sprecher, kann die Anerkennung einer anderen Person als eine epistemische Autorität nicht auch ein hinreichend guter Grund sein, eine Überzeugung zu rechtfertigen? Und wenn es diese theoretische Option gibt, ist sie im Kontext der Kommunikation zwischen wissenschaftlichen Laien und wissenschaftlichen Experten plausibel?
Diesen Fragen geht der Aufsatz in drei Schritten nach. Der erste Teil dient der Klärung des Begriffes »Vertrauen« und arbeitet wesentliche Merkmale dieser mentalen Einstellung heraus. Dies geschieht in der Abgrenzung zum Begriff des Sich-Verlassens, und zwar einerseits hinsichtlich der Objekte, auf die die jeweiligen Einstellungen Bezug nehmen, andererseits hinsichtlich der Gründe, die das Einnehmen der jeweiligen Einstellung rechtfertigen. Anschließend werden etablierte Theorien der Rechtfertigung von Überzeugungen aus dem Zeugnis anderer daraufhin untersucht, welche epistemische Funktion ein so geschärfter Vertrauensbegriff in ihrem Rahmen spielen kann. Es zeigt sich, dass nur die sogenannten Zusicherungstheorien die begrifflichen Ressourcen haben, Vertrauen in eine andere Person als Rechtfertigungsgrund für testimoniale Überzeugungen zu erklären. Im letzten Teil wende ich mich schließlich der Frage zu, ob und inwiefern das Modell der Zusicherungstheorie auf die Kommunikation zwischen Experten und Laien übertragen werden kann und zeige kritisch auf, weshalb einschlägige Behandlungen der Frage in Wissenschaftsphilosophie und Sozialpsychologie von diesem Modell abweichen.