Verschmierte Spuren der Unfreiheit: Wissenschaftsphilosophische Klarstellung zu angeblichen Artefakten bei Benjamin Libet

Philosophia Naturalis 50 (1):45-83 (2013)
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Abstract

Benjamin Libet's celebrated experiments concerning freedom elicited numerous attempts of _philosophical_ repudiation. Ten years ago, however, Judy Trevena and Jeff Miller published a _technical_ objection; they claim to have detected a,,smearing artifact" in Libet's calculations. This rests on a misunderstanding of Libet's methodology. In my reconstruction of Libet's argument, he draws an abductive inference to the best explanation. Now, Trevena's and Miller's objection does indeed lead to alternative explanations of Libet's measurements. These alternatives are _ad hoc_ and extremely improbable. They constitute worse explanations than the explanation offered by Libet. _German_ Benjamin Libets bahnbrechende Experimente zur Willensfreiheit aus den Achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gehören längst zu den Klassikern der Experimentalkunst. Aus _philosophischer_ Perspektive sind sie oft kritisiert worden; unabhängig davon ist zu Beginn des neuen Jahrtausends ein _technischer_ Einwand gegen Libet prominent geworden, der von Freiheitsfreunden gerne zitiert wird. Er geht auf Judy Trevena und Jeff Miller zurück und besteht in dem Vorwurf, dass Libet mit seiner Berechnung der _gemittelten_ Bereitschaftspotential-Kurven die wahren Verhältnisse verschmiere und dabei aus mathematischen Gründen den Anstiegs-Zeitpunkt des Bereitschaftspotentials künstlich nach vorne verschiebe – das ist der Vorwurf des sog. Verschmierungsartefakts. Ich zeige, dass der Vorwurf nicht sticht. Er beruht auf einem Missverständnis der Schlussmethode Libets. Laut meiner wissenschaftstheoretischen Rekonstruktion zieht Libet weder deduktive noch induktive Schlüsse aus seinen Einzelbeobachtungen; er schließt abduktiv, d.h. er schließt auf die beste Erklärung seiner Einzelbeobachtungen. Wie eine genaue arithmetische Analyse zeigt, bieten die Alternativ-Erklärungen, unter denen sich das Verschmierungsartefakt bewahrheiten würde, schlechtere Erklärungen als Libets Erklärung – sie sind an den Haaren herbeigezogen und extrem unwahrscheinlich

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Why Libet's Studies Don't Pose a Threat to Free Will.Adina L. Roskies - 2011 - In L. Nadel & W. Sinnott-Armstrong (eds.), Conscious Will and Responsibility. A Tribute to Benjamin Libet. Oxford University Press. pp. 11--22.
Does the Brain Lead the Mind?Storrs Mccall - 2013 - Philosophy and Phenomenological Research 86 (2):262-265.

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Olaf L. Müller
Humboldt University, Berlin

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Freedom evolves.Daniel Clement Dennett - 2003 - New York: Viking Press.
The inference to the best explanation.Gilbert H. Harman - 1965 - Philosophical Review 74 (1):88-95.
Do we have free will?Benjamin W. Libet - 1999 - Journal of Consciousness Studies 6 (8-9):47-57.

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