Demokratisierung durch „Cancel Culture“: Zum Verhältnis von Kunstfreiheit und Emanzipation

Verfassungsblog (2020)
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Abstract

Vor wenigen Tagen hat das Hamburger Kabarett-Theater Schmidts Tivoli die Zusammenarbeit mit dem Komiker Kay Ray beendet, offenbar weil rassistische Witze in der Show einen zentralen Platz einnehmen. Kurz nach der Cancel-Affäre zwischen Lisa Eckhart und dem Hamburger Nochtspeicher sieht sich nun auch Ray als Opfer von „Cancel Culture“, die die Kunstfreiheit immer weiter einschränke. Um die Kunst und Kunstfreiheit geht es dabei aber eigentlich gar nicht. Sie ist nur der Austragungsort gesellschaftspolitischer Auseinandersetzungen um Sexismus, Rassismus und Transphobie. Dabei sind Kunstfreiheit und Meinungsfreiheit zentrale Argumente – oder besser: Waffen – des konservativen politischen Projekts geworden, mit dem emanzipative Änderungen abgewehrt werden (s. auch Schubert, in: Leviathan, 48 (1), S. 29–51). Dieser machtpolitische Missbrauch muss klar von der grundrechtlichen Dimension unterschieden werden. Dafür ist zwischen drei Ebenen Kunstfreiheit zu differenzieren: im nichtstaatlichen, parastaatlichen und staatlichen Bereich. Die Neuregelungen von Diskurs, Kultur und Kunst durch „Politische Korrektheit“, „Cancel Culture“ oder „Identitätspolitik“ bedeuten nicht den Zerfall der Demokratie, sondern sind ein Schritt in Richtung ihrer vollständigeren Realisierung.

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Karsten Schubert
Humboldt University, Berlin

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