Die Wiederkehr des Problems in seiner Lösung. Zu Rahel Jaeggis Kritik von Lebensformen

Philosophisches Jahrbuch 126 (1):117-132 (2019)
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Abstract

Der Begriff der Lebensform spielt eine ebenso zentrale wie vielgestaltige Rolle in der Philosophie der Gegenwart. Er dient einerseits dazu, auf die menschliche Lebensform als den Grund und Horizont aller Normativität zu verweisen, wie er andererseits dazu verwendet wird, die Vielfalt möglicher besonderer Lebensweisen zu fassen. Bemerkenswerterweise kommen die beiden Extrempunkte des Verwendungsspektrums dabei in einer entscheidenden Hinsicht überein: Lebensformen scheinen sich der Kritik zu entziehen – entweder, weil sie zu fundamental sind, um begründet oder mit Gründen infrage gestellt zu werden; oder aber, weil sie im Bereich individueller oder kollektiver Wahlmöglichkeiten liegen, denen gegenüber die normativen Prinzipien öffentlicher Gerechtigkeit neutral bleiben sollten. In beiden Hinsichten werden Lebensformen in gewisser Hinsicht als normativ unverfügbar gedacht: als unüberschreitbarer und nicht weiter begründbarer Grund unserer normativen Orientierung oder als kontingenter und beliebiger Inhalt normativ gleichermaßen zulässiger Wahl. Rahel Jaeggi verfolgt in "Kritik von Lebensformen" das interessante Vorhaben, den Begriff der Lebensform auf eine solche Weise neu zu bestimmen, dass ihre Kritisierbarkeit einsichtig werden kann. Der Beitrag prüft den für dieses Vorhaben zentralen Gedanken, dass Lebensformen als Problemlösungsinstanzen verstanden werden können. Gegen die pragmatistische Idee, dass die Probleme von Lebensformen auf ihre Lösung, Beseitigung oder Überwindung drängen, schlägt der Beitrag mit Foucault, Luhmann und Deleuze vor, dass Lebensformprobleme vor allem ausgetragen und entfaltet werden wollen.

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