Teleologie und politische Vernunft: Entwicklungslinien republikanischer Politik bei Aristoteles und Thomas von Aquin

Baden-Baden: Nomos-Verl.-Ges. (2002)
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Abstract

Die Arbeit verfolgt Entwicklungslinien eines auf praktische Vernunft gestützten Republikmodells an Hand der exemplarischen Bedeutung der aristotelischen Politik und ihrer Rezeption durch Thomas von Aquin. Diesen werden auch entscheidende Weichenstellungen für die Ausbildung des modernen Staatsbegriffs und seines begrifflichen Instrumentariums politischer Vernünftigkeit zugerechnet. Teil 1 stellt das aristotelische Modell der auf den Begriff des Menschen als Menschen gegründeten "bürgerlichen Gesellschaft" vor, in der sich ein gegenüber der Beliebigkeit tatsächlicher Herrschaftsan-massungen kritischer ursprünglicher Zusammenhang zwischen dem Verständnis "politischer Herr-schaft" und der wechselseitigen "Anerkennung" konkret freier und gleicher Bürger präsent hält. Dieser ruht jedoch auf einschränkenden Voraussetzungen politischer Subjektivität und deren unmittelbarer Bindung an institutionelle Rahmenbedingungen auf, wie sie aus einem spezifisch antiken Verständnishorizont, näherhin aus dem aristotelischen Konzept entelechialer Teleologie, erläutert werden. Der Versuch einer Einordnung in Grundlinien des umfassenden systematischen Kontexts in Metaphysik, Physik und praktischer Philosophie soll gerade durch den gegenüber der unbestrittenen aktuellen Relevanz neuzeitlichen Freiheitsethos differenzierenden und nicht ungeschichtlich-planen Zugang zu diesem Politikmodell auch aktualisierende Perspektiven eröffnen. So soll etwa durch die Erläuterung der aristotelischen Teleologiekonzeption, die anhand des Paradigmas der Naturbewegung eingeführt wird, sowie des dazu korrespondierenden Ethos "vernünftigen Strebens" das etwaige Verständnis einer vorgängigen materialen Zweckbindung der Politik, im Sinne etwa einer herkömmlichen "Werteethik", distanziert werden. Das Verhältnis Naturteleologie - Praxis wird nicht deduktiv, sondern als ein solches der Strukturanalogie bei gleichzeitiger methodischer Abgrenzung verstanden. Teil 2 widmet sich der Herausarbeitung systematischer Akzentverschiebungen und Umformungen im Spannungsfeld der Konfrontation von aristotelischer Teleologie bzw. praktischer Vernunft mit einer von der Perspektive der Geschichtlichkeit geprägten Offenbarungsreligion bei Thomas von Aquin. Im Zeichen eines vorläufig theologisch gewonnenen universalen Freiheitsverständnisses vollzieht sich auch ein Strukturwandel politischer Öffentlichkeit, der zunächst eine institutionelle Verdünnung des republikanischen Ideals herbeiführt. Durch die Rücknahme des Ziels der Politik vom konkreten Bürger-ethos in die Universalität und den nunmehr transzendentalen Anspruch des Begriffs des "bonum commune" wird gleichzeitig aber auch ein Prozess der Pluralisierung und Dynamisierung gesellschaft-licher und individueller Zielsetzungen und Praxisformen freigesetzt. Entscheidende Bedeutung kommt dabei dem Stellenwert des thomasischen "Gesetzes" zu, in dem - jenseits einer material-deduktiven oder imperialistischen Konzeption - ein dezidiert praktisch-handlungsleitendes Gesetzesverständnis zum Vorschein kommt. Dieses führt die sittlich-politische Anerkennung stiftende Funktion der "koinonia politike" weiter und leitet in seinem Anspruch gesteigerter "Allgemeinheit"--Dies sowohl im Rückgang auf ein transzendentales Prinzip seiner Begründung wie auch in der Ausweitung seines Adressaten-kreises - zur Neuzeit über.

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